Die Drehstrom-Asynchronmaschine ist eine der wichtigsten elektrischen Maschinen in der Antriebstechnik. Sie kann als Motor und auch als Generator ausgeführt werden. Da der prinzipielle Aufbau für beide Varianten ähnlich ist, gelten auch die gleichen elektrischen Zusammenhänge. Daher wird in diesem Artikel im Wesentlichen der übliche Anwendungsfall des Drehstromasynchronmotors erklärt.
Aufbau
Die wesentlichen Komponenten einer Drehstrom-Asynchronmaschine sind die gleichen wie bei vielen anderen elektrischen Antrieben. Sie besteht aus einem Gehäuse in dem sich ein Ständerblechpaket befindet. Zwischen die Ständerbleche werden üblicherweise drei Wicklungen geführt, an welche die drei Drehstromphasen gelegt werden. Innerhalb des Ständers befindet sich als bewegliches Element ein Läufer, welcher die elektrische Energie in eine rotatorische Bewegung umsetzt. Das Besondere bei der Drehstrom-Asynchronmaschine ist, dass der Stromfluss im Läufer über eine vom Ständerfeld induzierte Spannung hervorgerufen wird. Somit muss der Läufer nicht an eine Spannungsversorgung angebunden sein. Dies sorgt für einen sehr einfachen mechanischen Aufbau der Maschine. Drehstrom-Asynchronmaschinen sind damit sehr robust, was ein Grund für ihre häufige Verwendung ist.
Bei den herkömmlichen Drehstrom-Asynchronmaschinen gibt es zwei unterschiedliche Ausführungen des Läufers, den Schleifringläufer und den Kurzschlussläufer.
Kurzschlussläufer
Beim Läufer des Kurzschlussläufers wird in die Läufernuten jeweils nur ein Leiter, üblicherweise in Form eines massiven Stabes geschoben. Diese werden dann an den Enden verbunden und somit kurzgeschlossen. Der Läufer hat damit die Form eines zylindrischen Käfigs und wird auch als Käfigläufer bezeichnet. Der Käfigläufer ist eine sehr einfache und kostengünstige Variante einen Läufer für einen Elektromotor herzustellen.
Schleifringläufer
Beim Schleifringläufer werden die Leiter des Läufers über Schleifringe nach außen geführt. Über die Schleifringkontakte können Anlaufwiderstände zugeschaltet werden, um das Anlaufverhalten der Drehstrom-Asynchronmaschine zu verbessern. Die Gründe hierfür finden sich im Abschnitt Anlaufverhalten.
Funktionsweise
Fließt Strom durch die Ständerwicklungen wird dadurch ein Magnetfeld aufgebaut. Da der Motor mit Drehstrom betrieben wird, wandert dieses Magnetfeld – es dreht sich im Kreis. Dieses Drehfeld schneidet nun die Leiter des Läufers, wodurch in diesem eine Spannung induziert wird, die einen Stromfluss zur Folge hat. Dadurch bildet sich ebenfalls ein Magnetfeld aus. Das Ständerfeld kann nun auf das Läuferfeld wirken und ein Drehmoment auf den Läufer ausüben. Da sich das Ständerfeld fortlaufen in eine Richtung bewegt, entsteht eine Drehbewegung.
Erzeugung der Drehbewegung
Der Motor läuft nun an und durch seine zunehmende Drehfrequenz werden die Leiter des Läufers immer seltener vom Ständerfeld geschnitten, bis die Drehfrequenz des Läufers sich der Drehfrequenz des Ständerfeldes angenähert hat. Nimmt die Drehzahl jetzt noch weiter zu, werden die Leiter des Läufers nicht mehr vom Drehfeld geschnitten und es wird kein Stromfluss mehr hervorgerufen. Das Läuferfeld bricht zusammen und es kann kein Drehmoment mehr auf den Läufer wirken. Die Drehfrequenz des Motors nimmt also wieder ab und es kann wieder ein Strom fließen, was wieder eine Zunahme der Drehfrequenz zur Folge hat. Durch diese Wechselwirkungen pendelt sich die Drehzahl des Motors knapp unter der des Drehfeldes ein, der Läufer läuft also nicht synchron zum Drehfeld. Daher rührt die Bezeichnung Asynchronmotor. Die Abweichung der beiden Drehzahlen wird wie auch in der Mechanik als Schlupf bezeichnet. Je stärker der Motor belastet wird, desto größer ist der Schlupf, denn:
größerer Schlupf → größere Spannungsinduktion im Läufer → höherer Läuferstrom → stärkeres Läuferfeld → größeres Drehmoment
Anlaufverhalten
Der Drehstrom-Asynchronmotor verhält sich im Einschaltaugenblick wie ein kurzgeschlossener Transformator. Dies bringt einige Probleme mit sich.
- Schlechtes Drehmoment beim Anlauf, da die im Läufer induzierte Spannung hier ihre höchste Frequenz hat, was zu einem hohen induktiven Widerstand im Läufer führt. Dadurch eilt der Läuferstrom der Läuferspannung um nahezu 90° nach. Da sich der Motor hier gemäß einem Transformator verhält, müssen Strom und Spannung auch im Ständer um 90° verschoben sein. Damit nimmt der Motor kaum Wirkleistung auf und hat infolgedessen ein geringes Drehmoment.
- hoher Anlaufstrom, da die Schnittgeschwindigkeit des Ständerfeldes zu Beginn am größten ist, was zu einem hohen induzierten Strom im Läufer führt.
Das Anlaufverhalten kann verbessert werden durch Anlaufwiderstände, wie beim Schleifringläufer verwendet, oder durch die Gestaltung des Läufers als Stromverdrängungsläufer. Bei einem Stromverdrängungsläufer sind die Läuferstäbe so ausgeformt, dass sich ihr Widerstandswert in Abhängigkeit der Frequenz ändert.
Kennlinie
Der Drehstrom-Asynchronmotor weist typischerweise die folgende Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie auf:
Im Anlauf hat er ein relativ geringes Moment, welches bis zur Kippdrehzahl ansteigt. Der Drehzahlbereich für den Nennbetrieb liegt auf der Kennlinie immer oberhalb des Kipppunktes. Dort lässt sich das typische Belastungsverhalten des Motors erkennen. Bei steigendem Lastmoment sinkt die Drehzahl. Steigt die Last über den Wert des Kippmomentes , ist der Motor überlastet, läuft aus und bleibt stehen. Um einen Drehstrom-Asynchronmotor beim Start in den Nenndrehzahlbereich bringen zu können, sind immer besondere Maßnahmen für den Anlauf zu treffen. Dies können sein:
- Anlauf ohne Lastmoment
- Schleifringläufer
- Stromverdrängungsläufer
Die beiden letzten Varianten verändern dabei den Verlauf der Kennlinie, indem sie ein höheres Moment bei niedrigen Drehzahlen ermöglichen.
Theoretische Betrachtung
Für die theoretische Betrachtung von Drehstrom-Asynchronmaschinen stehen als wesentliche Grundlagen das Ersatzschaltbild und die Stromortskurve zur Verfügung.
Vereinfachtes Ersatzschaltbild
Das Ersatzschaltbild eines Drehstrom-Asynchronmotors kann sehr komplex ausgeführt werden. Für die meisten Berechnungen reicht aber das vereinfachte Ersatzschaltbild aus, wobei einige Annahmen getroffen werden:
- Der Motor wird an einem Drehstrom-Netz betrieben. Seine drei Wicklungen sind gleich ausgeführt. Daher verhalten sich alle drei Stränge symmetrisch. Es kann daher mit einem einsträngigen Ersatzschaltbild gearbeitet werden. Alle Größen für die gesamte Maschine lassen sich hieraus über die einfachen Zusammenhänge im Drehstromnetz errechnen.
- Ein Drehstrom-Asynchronmotor verhält sich elektrisch ähnlich wie ein Transformator. Er besteht aus zwei Wicklungen (Ständer und Läufer), wobei die Läuferwicklung kurzgeschlossen ist. Der ideale Transformator im Ersatzschaltbild kann weggelassen werden, wenn man die sekundären Schaltungselemente mit dem Quadrat des Windungszahlverhältnisses umrechnet.
- Um das drehzahlabhängige Betriebsverhalten korrekt nachbilden zu können sind im Wesentlichen die Statorinduktivität, die Streuinduktivität und der schlupfabhängige Läuferwiderstand von Bedeutung. Statorwiderstand und Eisenverluste werden vernachlässigt.
So erhält man das folgende vereinfachte Ersatzschaltbild:
Diese beinhaltet die folgenden Elemente:
Anschlussspannung, Frequenz | ||
Ständerstrom | ||
Leerlaufstrom | ||
Leerlaufreaktanz | ||
Reaktanz des Läuferkreises | ||
Schlupfabhängiger Läuferwiderstand | ||
Läuferstrom |
Die Streuziffern sind Kenngrößen für die magnetischen Kopplungseffekte in der Maschine. Die Gesamstreuziffer beschreibt den Quotienten aus Kurzschlussinduktivität und Leerlaufinduktivität. Die primäre Streuziffer ist der Quotient aus dem Streufluss in der Ständerwicklung und dem Hauptfluss, der in den Rotor gekoppelt wird.
Die nachfolgende Darstellung der Stromortskurve und die Berechnungsangaben beruhen auf dem vereinfachten Ersatzschaltbild.
Stromortskurve
Die Stromortskurve stellt eine einfach Möglichkeit dar, um über eine grafische Konstruktion verschiedene Betriebspunkte für einen Drehstrom-Asynchronmotor zu ermitteln. Hierzu werden die Stromwerte für einen bestimmten Betriebspunkt in eine komplexe Zahlenebene eingetragen:
Bei einer Stromortskurve verläuft die imaginäre Achse waagerecht und die reelle Achse senkrecht. Parallel zur Imaginärachse wird eine linear unterteilte Schlupfgerade eingezeichnet. Die Ständerspannung wird auf der reellen Achse eingezeichnet. Der Leerlaufstrom verläuft senkrecht dazu, da im idealen Leerlauf nur Blindleistung erzeugt wird. Der Ständerstrom beschreibt eine Kreisbahn, die um den Leerlaufstrom vom Ursprung verschoben wird. Zusammen mit dem Läuferstrom ergibt sich ein Stromdreieck gemäß dem vereinfachten Ersatzschaltbild. Aus der Stromortskurve können bei bekannten Werten zu einigen Betriebspunkten andere Betriebspunkte abgeleitet werden. Unter anderem ist auch das die Länge für das Lot vom Ständerstrom auf die imaginäre Achse proportional zur abgegebenen Wirkleistung.
Eine Stromortskurve gilt immer nur für eine feste Betriebsspannung U.
Berechnung von Kenngrößen
Beim Drehstrom-Asynchronmotor lassen sich mit Hilfe der Stromortskurve und dem Ersatzschaltbild die folgenden Abhängigkeiten und Kenngrößen ermitteln:
Statorinduktivität | im idealen Leerlauf | |
Gesamtstreuziffer | ||
Netzleistung | ||
Nenndrehfeldleistung | ||
Nennleistung | ||
Kippdrehfeldleistung | ||
Wirkungsgrad | ||
Drehmoment | ||
Kippmoment | ||
Drehzahl | ||
Schlupf |
Anwendung
Drehstrom-Asynchronmotoren sind die in der Praxis am häufigsten eingesetzten Maschinen in der Antriebstechnik. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, die für die unterschiedlichsten Anwendungen geeignet sind:
Kurzschlussläufer allgemein
Anwendungen:
- Lüfter und Gebläse
- Kompressoren und Pumpen
- Förderantriebe (über Getriebe)
Kurzschlussläufer in Dahlanderschaltung
Anwendungen:
- Bohrmaschinen
- Lüfter
Kurzschlussläufer mit getrennten Ständerwicklungen
Anwendungen:
- Hebezeuge
- Lüfter mit mehreren Drehzahlstufen
Sonderformen
- Kondensatormotor
- Wechselstrommotor
- Spaltpolmotor
Bremsen von Drehstromasynchronmoteren
Es gibt verschieden Möglichkeiten umd Drehstromasynchronmaschinen zu bremsen:
- Scheibenbremse, Wirbelstrombremse
- Gegenstrombremsung (hat kein Haltemoment)
- Widerstandsbremsung (hat kein Haltemoment)
- Gleichstrombremsung
(zwei Möglichkeiten: Pluspol an die Phasen und Minuspol an den Sternpunkt, bzw. Pluspol an zwei Phasen und Minuspol an eine Phase)